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8. GdP-Bundesseniorenkonferenz in Potsdam

Im Alter am Ball bleiben

Polizeiseelsorger Axel Kullik motivierte die Delegierten, sich - gerade im Alter -  stets neue Aufgaben zu suchen. Foto: GdP/Hagen Immel
Polizeiseelsorger Axel Kullik motivierte die Delegierten, sich - gerade im Alter - stets neue Aufgaben zu suchen. Foto: GdP/Hagen Immel
Potsdam.

Wer sich sein Alter vor Augen hält, der fühlt sich nicht selten deutlich jünger als sie oder er an Jahresringen tatsächlich aufweist. Vor allem andere gleichaltrige Menschen erscheinen vor dem Hintergrund der Selbstreflexion oft bedeutend reifer – mindestens in Jahren gemessen. Der Oldenburger Polizeiseelsorger Axel Kullik widmete sich am zweiten Tag der GdP-Bundesseniorenkonferenz diesem facettenreichen Thema. Auch er fühle sich manchmal richtig alt, gab er unumwunden zu. Etwa wenn er seine Lesebrille vergessen hätte und dann die Aufschriften auf den Packungen im Supermarkt nicht lesen könne. Trotzdem sagt er selbstbewusst: „Ob ich alt bin oder nicht, entscheide immer noch ich und niemand sonst.“

Sich neue Aufgaben suchen

Foto: GdP/Hagen Immel
Foto: GdP/Hagen Immel
Jeder habe Bilder des Altwerdens in petto. Die müsse man prüfen, gegebenenfalls auch verändern. Entscheidend sei, sich nur mit dem zu beschäftigen, was man wolle. „Zu wem werden Sie, wenn Sie an Ihr Alter denken?“, fragte Kullik die Delegierten. „Wir konstruieren doch unsere Wirklichkeit“, führte er fort und verwies auf die sogenannten Priming-Experimente des US-amerikanischen Psychologen John Bargh, der den „Florida-Effekt“ entdeckte. Nachdem Probanden sich intensiv mit Wörtern beschäftigt hatten, die mit Altsein verbunden waren, liefen sie signifikant langsamer.

Jede Empfindung, so der 55-Jährige weiter, habe immer auch eine körperliche Entsprechung. Gehirnzellen, die immer zeitgleich aktiviert würden – zum Beispiel wenn das „Altsein“ immer mit dem „Kranksein“ verbunden würde – vernetzten sich auf Dauer und würden ungewollt gemeinsam aktiviert. „Also immer, wenn ein Stichwort zum Alter fällt, ploppt die Erinnerung an eine Krankheit auf.“ Um nicht in diese Falle zu tappen, riet der Theologe, Menschen und Orte aufzusuchen, die „das darstellen, was Sie haben oder werden wollen“.

Zudem sei es von großer Bedeutung, im Alter am Ball zu bleiben. „Im Ruhestand werden wir nicht mehr täglich und automatisch vor neue Aufgaben gestellt“, betonte der Referent. Nicht genutzte Gehirnstrukturen würden abgebaut. Es gelte schlicht: „Nutze es oder verliere es.“ So sei sein Hinweis bitte ernst zu nehmen, sich zeitnah neue Aufgaben zu suchen, plädierte er an die lebensälteren Kolleginnen und Kollegen.

Das Gehirn ist ein soziales Organ

Umgeben Sie sich mit Kindern, schlug Referent Kullik den Delegierten vor. Foto: GdP/Hagen Immel
Umgeben Sie sich mit Kindern, schlug Referent Kullik den Delegierten vor. Foto: GdP/Hagen Immel
Lebenslanges Lernen verlängere nämlich die Lebenszeit der grauen Zellen und trainiere die Reaktionsfähigkeit des Gehirns. „Damit das passiert, braucht es aber Bedeutsamkeit. Die Dinge sollten einen begeistern, fesseln, Ihnen Freude machen. Dann werden Ihre Gehirnzellen neu und stärker vernetzt.“ Ein „Muss“ bewirke jedoch das Gegenteil, mahnte Kullik, der verriet, dass ihn seine Frau vor die Tür setzen würde, wenn „Du alter Knacker“ ein Brillenband für die optische Lesehilfe anschaffe.

Mit einem gängigen Vorurteil über vermeintlich effektives Gehirntraining räumte der Ostfriese dann rustikal auf. Denn, wer sich hauptsächlich mit Sudoku oder Kreuzworträtseln beschäftige, konditioniere das Gehirn dezidiert auf derlei Aufgaben. Am liebsten, so der Eindruck im Forum, hätte Kullik alle Delegierten sofort in die weite Welt geschickt. „Erfüllen Sie sich einen Wunsch, eine Sehnsucht, die Sie immer schon umgetrieben hat. Lernen Sie Neues. Ob Sie das können, entscheiden Sie und niemand sonst!“, warb er vehement.

Das gelänge unterdessen nur, wenn man nicht nur still sitze, betonte der Polizeiseelsorger. Noch wisse die Wissenschaft zwar nicht genau, warum es so sei, aber: Bewegung führe offenbar dazu, dass der seltene Prozess der Neubildung von Gehirnzellen einsetze. Vermutet werde ein evolutionärer Zusammenhang. Kullik: „Wenn unsere Vorfahren größere Strecken zurücklegten, war die Wahrscheinlichkeit, sich auf ganz neue Situationen einstellen zu müssen, größer. Dafür benötigt das Gehirn ausreichende Kapazitäten.“

Schließlich, führte er fort, sei das Gehirn ein soziales Organ. Es könne sich nur im Austausch mit anderen Menschen entwickeln. „Wenn Sie sich etwas wirklich Gutes tun möchten, dann umgeben Sie sich mit Kindern. Nicht um sie darüber zu belehren, dass früher alles besser war, sondern um mit ihnen Probleme zu lösen – Lebensprobleme.“. Das sei eine Win-win-Lösung. Man bekomme durch die Kinder Anreize fürs Denken und Lernen. „Und die Kinder lernen durch Sie – hoffentlich –, dass es womöglich interessantere Dinge zu entdecken gebe als das Fernsehen, Spielekonsolen und Smartphones.“

Kullik appellierte eindringlich an die GdP-Senioren, ihre Potenziale zu nutzen. Gerade auch für die künftigen Generationen. „Wenn Sie ein System an einer einzigen Stelle verändern, verändern Sie das ganze System. Fangen Sie an: jetzt, hier, und wenn es nur an einer kleinen Stelle ist. Sie verändern damit Ihr Leben. Das ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich.“ Und es gehe jetzt auch nicht mehr um die Frage, ob man alt sei oder nicht, denn das „entscheiden immer noch Sie und niemand sonst!“
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