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SR - Online berichtet

"Polizei häuft Überstundenberg an"

Unser GdP Landesvorsitzender Ralf Porzel im Gespräch mit dem Saarländischen Rundfunk zur Überstundensituation und dem Krankenstand in der saarländischen Polizei.

Saarbrücken.


Von SR Redakteur Thomas Braun:

Polizei häuft Überstundenberg an:

Die Zahl der Überstunden bei der saarländischen Polizei hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Die Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass sich die Situation noch weiter verschärfen wird und fordert, auch mögliche Zusammenhänge mit dem Krankenstand genauer zu untersuchen...

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Interview von SR Redakteur Thomas Braun:
(Mon Jun 16 16:28:00 CEST 2014)

Polizei häuft Überstundenberg an

Die Zahl der Überstunden bei der saarländischen Polizei hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Die Gewerkschaft der Polizei geht davon aus, dass sich die Situation noch weiter verschärfen wird und fordert, auch mögliche Zusammenhänge mit dem Krankenstand genauer zu untersuchen.

Knapp 243.000 Überstunden haben die saarländischen Polizisten im vergangenen Jahr angehäuft. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung an die Linksfraktion hervor. 2008, als ein vorläufiger Höchstwert erreicht worden war, waren es 236.000 Überstunden. 2001 lag die Zahl der Überstunden noch bei 190.000 - und das, obwohl nach den Anschlägen auf das World Trade Center die Polizeipräsenz wegen der verschärften Sicherheitslage stark erhöht worden war.

Den aktuellen Anstieg führt die Landesregierung in ihrer Antwort unter anderem auf Sondereffekte wie Ermittlungsgruppen zu den Wohnungseinbrüchen und die fünf Mordkommissionen zurück, die 2013 zeitgleich eingesetzt werden mussten. Ob auch die Polizeireform eine Rolle bei der aktuellen Entwicklung spielt, lasse sich noch nicht abschätzen - ebensowenig, ob der Überstundenberg weiter wachsen werde.

„Pro-Kopf-Belastung wird irgendwann grenzwertig“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist jedoch der Ansicht, dass genau das geschehen wird. „Die Überstundensituation wird sich weiter verschärfen“, ist der GdP-Landesvorsitzende Ralf Porzel sicher. Gerade auf unvorhergesehene Ereignisse könne mit dem vorhandenen Personal in der regulären Arbeitszeit immer weniger reagiert werden, außer mit Überstunden. Vor dem Hintergrund des laufenden Stellenabbaus verteilten sich die steigenden Überstunden zudem auf immer weniger Mitarbeiter. „Die Pro-Kopf-Belastung wird irgendwann grenzwertig“, so Porzel.

Muss die Polizei Aufgaben abgeben?

Eine Lösung des Problems scheint nicht einfach: Überstunden könnten zwar finanziell ausgeglichen werden, aber irgendwann seien auch diese Haushaltsmittel erschöpft, sagt Porzel. Die andere Möglichkeit - ein Freizeitausgleich - schaffe Lücken an anderer Stelle.

Es gebe aber verschiedene Stellschrauben, an denen man drehen könne: „Die eine wäre, die Frage der Standorte zu überprüfen.“ Eine weitere Schließung von Dienststellen sei im Bezug auf die Überstunden aber eher nicht zielführend, so Porzel. Als die bessere Variante sieht er eine Aufgabenkritik: „Kann die Polizei alle Aufgaben, die sie bisher erledigt und die aber nicht in ihrer eigentlichen Zuständigkeit liegen, auch in Zukunft noch erfüllen?“ Als Beispiele nennt Porzel das Abschleppen von Falschparkern oder die Begleitung von Schwertransporten, ein Aufgabenbereich, der aufgrund der maroden Brücken im Saarland zuletzt stetig zugenommen habe. In anderen Bundesländern würden das bereits private Firmen übernehmen.

„Die Polizei ist da, wenn sie gebraucht wird.“

Dass künftig aber etwa bei einem Verkehrsunfall die Polizei nicht mehr kommt, schließt Porzel ausdrücklich aus. „Aber natürlich muss man je nach Arbeitsanfall punktuell auch Prioritäten setzen.“ Bei der Frage, wie eilig ein Ersuchen ist, gehe ein Verkehrsunfall etwa vor einer Ruhestörung. Es könne also durchaus passieren, dass man „bei Bagatelldelikten mit längeren Wartezeiten rechnen muss."

Zusammenhang zwischen Überstunden und Krankenstand untersuchen

Dass die hohe Zahl an Überstunden auch zu einem höheren Krankenstand führen könnte, sieht die Landesregierung nicht. Eine Einschätzung, die Porzel nicht teilt: „Der polizeiärztliche Dienst hat aus meiner Sicht gar nicht genügend valide Kennzahlen, um darüber eine Aussage treffen zu können.“ Die Gewerkschaft fordere hier bereits seit längerem einen ausführlicheren Gesundheitsbericht für die Polizei, um mögliche Probleme und Zusammenhänge erkennen zu können.

„Das Saarland hat die älteste Polizei Deutschlands. Unser Durchschnittsalter ist 43 Jahre. Über die Hälfte unseres Personals ist 50 Jahre und älter.“ Vor diesem Hintergrund könne es also durchaus sein, dass eine höhere Belastung auch zu einer Erkrankung führe - zumindest eher als bei „jungen, dynamischen Polizeibeamten“, so Porzel. (thb)

Link zu SR Online:

http://www.sr-online.de/sronline/nachrichten/politik_wirtschaft/ueberstunden_polizei_saarland100.html

Link zum Beitrag, Aktueller Bericht:

http://sr-mediathek.sr-online.de/index.php?seite=7&id=25879

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