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Schutzwesten der Polizei mangelhaft

Hugo Müller fordert Überprüfung

Saarbrücken.

Bei der saarländischen Polizei gibt es Zweifel an der Sicherheit von Schutzwesten. 250 kugelsichere Westen eines US-Herstellers sollen auf ihre Qualität geprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Dies fordert Hugo Müller, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gegenüber der Saarbrücker Zeitung. Auch der Aktuelle Bericht des Saarländischen Rundfunks wird heute Abend über dieses Problem berichten.


Saarbrücker Zeitung vom 19.04.2005

Schutzwesten der Polizei mangelhaft - 250 Stück auf Prüfstand

Saarbrücken. Bei der saarländischen Polizei gibt es Zweifel an der Sicherheit von Schutzwesten. 250 kugelsichere Westen eines US-Herstellers sollen auf ihre Qualität geprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Dies fordert Hugo Müller, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Er verweist darauf, dass in anderen Bundesländern bei Schussproben Mängel festgestellt wurden. Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, von drei im Saarland getesteten Westen habe ein älteres, strapaziertes Exemplar versagt. Die Beamten seien informiert. Die Westen sollen schnellstens ersetzt werden. mju



Am Abend des gleichen Tages wird das Thema im Aktuellen Bericht beleuchtet.



Saarbrücker Zeitung vom 20.04.2005 (Das Land, C1)

Schutzwesten der POLIZEI - Lebensretter mit Löchern

Sie sollen Leben retten. Nach Tests gibt es aber Zweifel, ob die Schutzwesten der saarländischen Polizei tatsächlich kugelsicher sind. Jetzt ist „kurz- bis mittelfristig“ der Austausch durch neue Modelle versprochen.

Saarbrücken. Hugo Müller, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Saarland, und Harald Jenal, Referatschef in der Polizeiabteilung des Innenministeriums, sind sich einig: „Für Panik gibt es keinen Anlass. Gefahr im Verzug besteht nicht.“ Nach ihren Informationen sind wohl nur die allerwenigsten Schutzwesten, die in saarländischen Polizeiinspektionen parat liegen, nicht mehr so kugelsicher wie die Herstellerfirma „Second Chance“, die zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet hat, es vor Jahren noch versprochen hat. Tests in Bayern, die auch mit drei Westen aus dem Bestand der Saar-Polizei durchgeführt wurden, brachten sehr wohl alarmierende Resultate. Zwei Exemplare, die eher seltener getragen waren, hielten dem Beschuss stand. Die Schutzweste, die ein Beamter zuvor bei einem Kosovo-Einsatz zwölf Monate fast Tag für Tag am Leib hatte, versagte. „Durchschuss und Steckschuss“, beschreibt Jenal die Löcher in dem Lebensretter mit den Zylon-Fasern.

Ähnliche Ergebnisse hatten die Qualitätsprüfungen anderer Bundesländer beschert. GdP-Chef Müller spricht von einem „unlogischen Alterungsprozess der Spezialfaser“. Deshalb könne nicht grundsätzlich gesagt werden, ältere Exemplare fallen bei Tests eher durch als neue Westen. Es sei aber davon auszugehen, dass die Westen, die oft unter wechselnden klimatischen Bedingungen getragen wurden, eher versagen als andere.

Das Ministerium hat zwischenzeitlich die Polizei-Belegschaft umfassend informiert. Rund 250 der Schutzwesten liegen in den saarländischen Polizeidienststellen für den Einsatz bereit. 200000 Euro hat das Land in den Jahren 2001 und 2002 dafür ausgegeben. Regressforderungen gegen das Unternehmen sind bereits, so Jenal, bei dem vorläufigen Insolvenzverwalter angemeldet. Im Klartext: Der Eintritt des Garantiefalles ist erklärt. Ob da aber viel zu holen sein wird, ist mehr fraglich. Andere Bundesländer sind in größeren Dimensionen betroffen. Bayern hat mehr als 25000 Westen dieses Herstellers gekauft. In Nordrhein-Westfalen sind über 30000 verteilt.

Polizeioberrat Jenal geht nach den bisher bekannten Qualitätsprüfungen davon aus, „dass die im Saarland genutzten Westen bei ordnungsgemäßer Lagerung und bei normaler Tragebeanspruchung zwar in ihrer ballistischen Schutzwirkung mit zunehmendem Alter nachlassen, aber derzeit noch innerhalb der Toleranzwerte der entsprechenden technischen Richtlinien liegen“. Weitere regelmäßige Beschusstests der Westen seien aber unbedingt notwendig.

„Kurz- bis mittelfristig“ sollen die Schutzwesten aus dem Hause „Second Chance“ aber aus den Dienststellen der Polizei im Land verschwinden. Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat, so bestätigt Jenal, angeordnet, neue Westen mit einer anderen, schusshemmenden Spezialfaser zu beschaffen. Bei dieser Gelegenheit soll eine neue „Ausstattungskonzeption“ umgesetzt werden. Bisher existieren „Pool-Lösungen“: Westen werden nach Benutzung wieder deponiert, damit andere Kollegen sich bedienen können. Künftig soll – wie in anderen Ländern auch – jeder Polizist im operativen Dienst ein persönliches Exemplar erhalten. mju

Meinung
Sicherheit statt Rest-Risiko
VON SZ-REDAKTEUR

MICHAEL JUNGMANN

Was nutzen angeblich kugelsichere Schutzwesten, wenn das schwer kalkulierbare Restrisiko bleibt, dass der Lebensretter aus Spezialfasern im Ernstfall versagen kann? Diese Westen müssten auf dem schnellsten Weg auf den Sondermüll oder an den Lieferanten zurück. Die Firma aber hat – aus welchem Grund auch immer – den Weg in die Insolvenz genommen. Gläubiger bleiben wohl auf ihren Forderungen sitzen. Wahrscheinlich können große und kleine, arme und reiche Bundesländer ihre Investitionen in die Schutzwesten in den Wind schreiben. Das Geld darf der Steuerzahler abschreiben.

Damit ist das Thema aber nicht erledigt. Die Polizisten, die beruflich ihr Leben riskieren, haben Anspruch auf optimalen Schutz und Fürsorge. Deshalb ist es eine pure Selbstverständlichkeit, dass schnellstens in stabile Schutzwesten und damit in Lebensretter und Sicherheit investiert wird.

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