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Die Landesredaktion fragt nach

„Dilettantische Polizeistrategie...

Magdeburg.

... beim Einsatz in Halle am 1. Mai“, so bewertet die Landtagsfraktion von B 90/GRÜNE die Arbeit der Kollegen. Der Einsatz zum Maifeiertag in Halle war absolviert und die Diskussionen in bestimmten Gremien nahmen ihren Lauf. Aus den Reihen des Landtages werden teils schwere Vorwürfe bezüglich der Einsatzbewältigung gegen die Polizei erhoben.

Die Beschwerdeführer aus dem Bereich der Opposition, hier in concreto von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, kritisieren die Einsatztaktik und das Verhalten einiger Polizeibeamter. Um diesen Vorwürfen nachzugehen, hat die Redaktion der „Deutsche Polizei“ beim Vorsitzenden der BG LBP, Guido Steinert, nachgefragt.
Guido, seitens der grünen Fraktion im Landtag wird von einer Fehleinschätzung der Polizeiführung hinsichtlich der benötigten Einsatzkräfte gesprochen, kannst du das bestätigen?

Aus meiner Sicht lag hier keine Fehleinschätzung vor. Wenn man an einem Sonntag, dem 1. Mai, an dem alle verfügbaren Einsatzeinheiten der Bereitschaftspolizeien Deutschlands auf den Beinen waren, überhaupt von einem Kräftedefizit sprechen will, dann ist es dem Personalabbau geschuldet.

Trotz der Vielzahl von Einsatzlagen in ganz Deutschland hatten wir am 1. Mai fast 1.000 Beamte in Halle im Einsatz. Tausende Stellen wurden in den letzten Jahren im Polizeivollzugsdienst der Länder gestrichen. Die Zahl der Großeinsätze dagegen hat sich fast verdoppelt. Für diesen Zustand trägt nicht die Polizeiführung die Verantwortung, sondern zumindest mittelbar die Abgeordneten in den Länderparlamenten. Damit sollte die Frage beantwortet sein.

Es soll aber auch zu Körperverletzungsdelikten durch Polizeibeamte gekommen sein, überforderte Polizisten hätten u.a. vorschriftswidrig Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten eingesetzt.

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass auch für jeden Staatsdiener zunächst der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt. Sollten sich Vorwürfe gegen Einzelne bestätigen, die Ermittlungen werden es zeigen, ist dies natürlich nicht zu beschönigen und wird durch den Dienstherrn auch entsprechend geahndet werden. Aber es ist völlig überzogen und unredlich, von überforderten Polizisten zu sprechen.

Die Beamten der Einsatzeinheiten sind für die Bewältigung jeglicher Einsatzsituationen speziell geschult und erfüllen ihren Job trotz der hohen Anspannung stets professionell. Auch rechtfertigen Fehlleistungen einzelner Beamte es nicht, die gesamte Arbeit der Polizei in Frage zu stellen und sie in ihrem Ansehen zu schädigen. Wenn es zum Einsatz von Pfefferspray oder der Anwendung des Schlagstockes kommt, dann ist es im Einzelfall auch erforderlich. Dem Ideal des Rechtstaates entspräche es, wenn Verfügungen ohne Anwendung von Gewalt durchgesetzt werden können. Dem ist aber leider nicht immer so.

Wenn in einer Situation deeskalierende Maßnahmen ausgeschöpft sind und nur mittels der Anwendung von Zwangsmitteln massive Auseinandersetzungen rivalisierender Personengruppen verhindert werden können, dann brauchen wir über die Erforderlichkeit nicht mehr zu diskutieren.

Was möchtest du aus deiner Sicht noch zu dem Einsatz zu sagen?

Zunächst möchte ich in aller Deutlichkeit sagen, dass ich es als eine bodenlose Frechheit empfinde, wenn ein Mitglied der grünen Fraktion im Zusammenhang mit den erhobenen Vorwürfen bezüglich der Einsatztaktik mit den Worten zitiert wird: „Dilettieren gegen Nazis können wir uns nicht leisten.“ und gleichzeitig hinter der angewandten Einsatztaktik, die sich m. E. über Jahre hinweg bewährt hat, eine neue Herangehensweise des nun CDU–geführten Innenministeriums befürchtet.


Ich weiß nicht, wer hier wo "dilettiert" hat, die Polizei jedenfalls war es nicht!!

Die Beschwerdeführer beklagen weiterhin, dass sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurden und ihrer Mandatsausübung nicht ungehindert nachkommen konnten. Dazu fällt mir gelinde gesagt nichts mehr ein. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob die anwesenden Volksvertreter der Grünen nicht dazu beigetragen haben, die Arbeit der Polizei zu erschweren.

Landtagsabgeordnete haben eine Vorbildfunktion. Auch sie sind an Recht und Gesetz gebunden. In meinen Augen wurde durch einzelne Abgeordnete unter Ausnutzung ihres Status bewusst die Funktionsfähigkeit der Polizei erschwert. Mir sind mehrere Situationen bekannt, in denen sich ein Herr S. auf sein Recht der freien Mandatsausübung berief und die auftragsgemäß handelnden Polizeibeamten der Schikane bezichtigte.

Er stellte sich handelnden Beamten in den Weg, äußerte lautstark seinen Unmut über getroffene Maßnahmen und forderte stets und ständig die Angabe von Personalien und Dienstgrad. Des Weiteren wird sich an äußerst fragwürdigen Aktionen beteiligt, mehr noch, man ruft ganz offen dazu auf. Noch problematischer wird es, wenn sich diese Parlamentarier im Umfeld erkennbarer Gewalttäter aufhalten und sich bei abzeichnenden Rechtsbrüchen nicht distanzieren.

Derartige Verhaltensweisen bezeichnen die Abgeordneten dann in ihren Beschwerden als Beobachtung des Protestgeschehens und deeskalierende Maßnahmen. Vielleicht sollten sich diese Herren gewählte Volksvertreter (zum Glück haben wir freie Wahlen) mal über die gesetzlichen Aufgaben der Polizei informieren. Die Beamtinnen und Beamten sind verpflichtet, die Rechte derjenigen zu schützen, die sich – wenn auch am äußersten Rand – , aber eben immer noch im Rahmen des geltenden, von uns allen legitimierten Rechts, bewegen.

Glaubst du, dass dieses Verhalten gut für einen demokratischen Rechtsstaat ist?

Nein. Wie kann es sein, dass diese Politiker für sich entscheiden, solche genehmigten Demonstrationen teilweise mit Einsatz ihres Körpers verhindern zu dürfen? Sie wenden sich damit gegen den von ihnen höchst persönlich verkörperten Staat, gegen das Rechtssystem. Und mehr noch, sie stellen sich denen in den Weg, die das Rechtssystem von Gesetz wegen verteidigen und durchsetzen müssen.

Mit Verlaub, wenn das Mandatsausübung sein soll, dann habe ich etwas falsch verstanden. In der Beamtenschaft spricht man bei ähnlichen Verhaltensweisen von Amtsmissbrauch. Daran angelehnt bezeichne ich das Verhalten des Abgeordneten daher ganz klar als Mandatsmissbrauch!!!!

Anstatt sich in Beschwerden und kleinen Anfragen über die sachsen-anhaltische Polizei auszulassen, sollten sich die Abgeordneten vielleicht mal damit auseinandersetzen, wie man den Beruf des Polizeibeamten attraktiver macht. Unsere PolizeibeamtInnen leisten in den unterschiedlichsten Situationen tagtäglich höchst professionelle Arbeit.

Gerade in Zeiten, in denen immer mehr abverlangt wird, ein stetiger Aufgabenzuwachs zu verzeichnen ist, sollte man alles daran setzen, die Beamten zu motivieren und nicht bei jeder Gelegenheit nach dem Haar in der Suppe zu suchen.

Es wird stets eine „Premiumleistung“ abverlangt, aber die Wertschätzung dafür liegt nur im „Discountbereich“!!!

Die Landesredaktion

Das Interview wurde kurz nach den Angriffen von Bündnis 90/Die Grünen telefonisch geführt.

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