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GdP-News vom 28.09.2015

Gesundheitliche Eignung: Land ignoriert Prognosemaßstab des Bundesverwaltungsgerichts

Hannover.

Bereits im Jahr 2013 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Kriterien für die Bewertung der gesundheitlichen Eignung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG grundlegend verändert. Offensichtlich setzt das Land Niedersachsen diese neuen Grundsätze nicht überall durch.

Der Dienstherr kann die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers verneinen, wenn das ausgewogene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit spürbar gestört ist. Dies ist in zwei Konstellationen gegeben. Entweder rechtfertigen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze die Dienstunfähigkeit eintreten wird oder es ist absehbar, dass ein Bewerber zwar die Altersgrenze erreicht, er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die einer Zurruhesetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommen.

Nach dem neuen Prognosemaßstab des BVerwG ist von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit auszugehen, wenn nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe für die Annahme sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht fallen. Bloße Zweifel des Dienstherrn sind unerheblich.

Die Beurteilung des körperlichen Zustandes oder der Gesundheit erfordern besondere medizinische Sachkunde eines Arztes. Das bedeutet aber nicht, dass dem Arzt die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung übertragen werden darf. Der Arzt ist lediglich Sachverständiger und damit zur Neutralität verpflichtet. Er hat verfügbare Erkenntnisse über den Verlauf chronischer Erkrankungen auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen. Die medizinische Diagnose muss Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlagen offen legen. Nicht näher belegte Einschätzungen eines Arztes über den voraussichtlichen Verlauf der Erkrankung reichen nicht aus. Statistische Erkenntnisse über die zu erwartende Entwicklung sind nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine ausreichende Zahl von Personen beobachtet werden.

Die zuständige Behörde muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden.

Schilderungen Betroffener weisen zunehmend darauf hin, dass die Behörden die Feststellungen des BVerwG bislang nicht umsetzen und insbesondere die Ärzte nicht auf die erhöhten Anforderungen an die medizinische Diagnose und Prognose hingewiesen worden sind.

Unklar ist bislang zudem der Umgang mit der PDV 300 hinsichtlich der Polizeidiensttauglichkeit. Diese genügt lediglich noch zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit. Hinsichtlich der Tauglichkeit reicht für die Prognose das Vorliegen einer Fehlerziffer nicht mehr aus.

Hier besteht dringender Handlungsbedarf! Die GdP fordert die Verantwortlichen auf, jetzt umgehend die Vorgaben des BVerwG umzusetzen und alle Beteiligten in die Lage zu versetzen, rechtssichere Entscheidungen zu treffen.

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