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BG Göttingen

Stellungnahme zur Organisationsveränderungen der Polizei im Landkreis Holzminden

Holzminden.

Mitteilung des Vorsitzender der GdP-Bezirksgruppe Göttingen, Ralf Hermes, vom 23. Februar 2016

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (Kreisgruppen Holzminden / Hameln-Pyrmont) und damit als größte Interessenvertretung der Polizeibeschäftigten auch im Landkreis Holzminden hier einige Anmerkungen zur öffentlichen Debatte und den Presseveröffentlichungen der letzten Tage:

    1. Wir begrüßen als GdP ausdrücklich die politische Diskussion über die Sicherheit im Landkreis Holzminden! Allerdings bitten wir alle Akteure, diese auf einer Sach-/Fachebene zu führen und insbesondere nicht für parteipolitische Profilierungen zu benutzen. Die Frage der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und der Arbeitsfähigkeit der Polizei sollte nicht emotional, sondern nüchtern und sachgerecht anhand der Fakten bewertet werden.
    2. Die Pläne zur teilweisen Verlagerung der Nachtdienste im Bereich der Polizeistationen Stadtoldendorf und Bodenwerder sind polizeitaktische und keine politischen Entscheidungen. Die zahlenmäßige Polizeipräsenz im Landkreis Holzminden wird sich durch eine mögliche Umsetzung zum 01.10.2016 nicht verändern. Verändern würden sich im täglichen Nachdienst für ca. 9 Stunden der Ort, von dem aus der Funkstreifenwagen zum Einsatz fährt.
    3. Als GdP bewerten wir diese Überlegungen nicht. Jede Organisationsform hat ihre Vor- und Nachteile. Der Streit um die Frage des Einsatzstandortes trifft unseres Erachtens allerdings überhaupt nicht den Kern des eigentlichen Problems. Vielmehr leidet die Polizei im gesamten Bundesgebiet, wie auch in Niedersachsen, unter akuter Personalnot - übrigens nicht erst seit der aktuellen Flüchtlingslage. Konkret ist in der Vergangenheit sowohl die Polizeidirektion Göttingen, wie auch die örtliche Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden von Personalreduzierungen bei erheblich ansteigenden Aufgabenerfordernissen betroffen. Dieses war aus GdP-Sicht auch die Grundlage/Motivation für die von der Polizeidirektion Göttingen vorgenommene Organisationsanalyse. Diese Untersuchung wird von uns als GdP im Grundsatz unterstützt. Die Polizei muss sich auf die veränderten Situationen einstellen.
      Auf die Personalnöte der Polizei, sowohl überregional wie auch lokal, haben wir als GdP schon im letzten Jahr beständig hingewiesen. So haben z.B. die Personalvertretungen im Lande Nie-dersachsen im Juli 2015 dem Innenministerium eine schriftliche Personalnotresolution übersandt.
    4. Trotz allem erfolgt die Aufgabenwahrnehmung der Polizei gerade im Landkreis Holzminden, wie die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik nachweist, auf einem außerordentlich hohen Niveau. Darauf sind wir durchaus stolz. Es muss allerdings auch klar benannt werden, dass der Preis dafür eine außerordentlich hohe Belastung aller Menschen in der Polizei ist. Schon im Sommer letzten Jahres gab es intern deutliche Signale einer Überforderung. Derzeit wurde die Situation durch Personalnachersatz zum 01.10.2015 entlastet. Schon im Sommer 2016 droht unserer Einschätzung nach durch Personalabgänge wieder eine erhebliche Belastungslage.

Als GdP haben wir daher auf Bundes- und Landesebene zum Wachrütteln der Verantwortlichen eine Kampagne „Wir brauchen Verstärkung!“ gestartet. Wir möchten damit Politik und Bevölkerung, diesmal mit drastischen Mitteln deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann. Wir beschränken uns bei der Plakatierung allerdings noch auf die Landeshauptstadt und werden dieses nicht in Holzminden, Stadtoldendorf oder Hameln vornehmen. Wir begleiten diese Kampagne mit den erforderlichen Sachinformationen, die diesem Schreiben nachgestellt sind.



GdP-Kampagne "Wir brauchen Verstärkung" Foto: CH
Martin Hellweg (PHPR-Vorsitzender), Dietmar Schilff (GdP-Landesvorsitzender, beide links) sowie Jörg Mildahn (stellvertretender GdP-Landesvorsitzender) und Ralf Hermes (stellvertretender PHPR-Vorsitzender) vor dem sogenannten Poster Car, das mit einem Plakat der Kampagne "Wir brauchen Verstärkung" am 12. und 15. Februar durch Hannover fährt. Weitere Großflächenplakate sind zudem stationär in der Landeshauptstadt zu sehen. Foto: CH

Wir möchten hiermit überparteilich die politischen Entscheidungsträger aller Ebene aufrufen, sich für eine verbesserte Personalsituation, wie auch für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Bezahlung/Besoldung der schon jetzt in der Polizei arbeitenden Menschen einzusetzen.

Hier stehen wir auch für erläuternde Gespräche und konkrete Vorschläge gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen im Auftrage der lokalen GdP-Kreisgruppen

Ralf Hermes, Vorsitzender der GdP Bezirksgruppe Göttingen

Links zu Hintergrundinformationen der GdP Kampagne „Wir brauchen Verstärkung“:

https://www.gdp.de/gdp/gdpnds.nsf/id/BD008B835CCF6217C1257F570074D758

http://www.wir-brauchen-verstaerkung.info/

GdP-Kampagne „Wir brauchen Verstärkung“

Am 12. Februar 2016 haben wir in Niedersachsen die Kampagne „Wir brauchen Verstärkung“ der GdP Bund mit einem Pressegespräch und einer Plakatierung in Hannover umgesetzt (acht Großflächenplakate mit den drei Motiven in der Nähe von Innen- und Finanzministerium sowie dem Landtag, um gegenüber der verantwortlichen Politik Position zu beziehen) – mit enormer Medienresonanz.

Genauere Informationen zur Kampagne, die auf Landesebene in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bremen startete, finden Sie im Internet unter:

www.wir-brauchen-verstaerkung.info .

Ein besonderer Hinweis sei auf den dortigen Bereich „Unterstützen Sie uns“ erlaubt: Hier ist ein Mechanismus hinterlegt, mit dem uns interessierte Bürgerinnen und Bürger per E-Mail unterstützen können, indem sie sich ganz einfach an ihre jeweiligen Bundestagsabgeordneten wenden und unsere Forderungen unterstützen. Die Landtagsabgeordneten können / sollten mit einer direkten, persönlichen Mail angeschrieben werden.

Hier einige Kernargumente für Niedersachsen, die mit der Kampagne in Verbindung stehen, (natürlich gibt es noch weit mehr Aspekte, die in ihrer Gesamtheit jedoch kaum darzustellen sind):

    • Rund 16.000 Stellen hat die Polizei bundesweit seit der Jahrtausendwende eingespart. Das hat dramatische Konsequenzen auch für uns in Niedersachsen.
    • Niedersachsen hat zwar mit 18.449 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten den höchsten Stand (vor zehn Jahren waren es ca. 1.000 weniger), doch das ist nur die halbe Wahrheit.
    • Rund 24 Prozent der Menschen im Polizeivollzug in Niedersachsen sind weiblich. An der Polizeiakademie sind es sogar fast 40 Prozent. Wir begrüßen diese Entwicklung! Doch es ergeben sich Folgen, die ausgeglichen werden müssen, denn: rund 30 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit, auch 2 Prozent der Männer tun dies. Im Ergebnis kommen wir auf fast 1.000 Vollzeitstellen weniger als die besagten 18.449, nämlich rund 17.590.
    • Nach Berechnungen der GdP schieben die 17 Polizeien der Länder und des Bundes mindestens 18 Millionen Überstunden vor sich her. In Niedersachsen hatten wir einen leichten Rückgang, da die GdP erstritten hat, dass die Überstunden aus Castor-Einsätzen ausbezahlt werden konnten. Dennoch sind aktuell schon wieder über 1,45 Millionen Überstunden geleistet worden.
    • Grund ist hier insbesondere die gestiegene Einsatzbelastung; nur drei Beispiele – und es gibt viele weitere: Abschiebungen 10. Februar 2016: 350 Polizeikräfte; Demos Seevetal: 75 Beamte; Schoduvel: 850 statt 350/400 Polizistinnen und Polizisten
    • Auch in anderen Bundesländern (Beispiel Pegida-Demonstrationen in Sachsen) hilft Niedersachsen mit seiner Bereitschaftspolizei aus, weil dort noch mehr Personal fehlt: 2014 waren es 170.000 Stunden, 2015 schon 470.000 Stunden. Andere Landespolizeien können bei uns dagegen kaum noch aushelfen: 2015 waren es noch 24.500 Stunden, 2015 nur noch 5.500 Stunden.
    • Wenn man jetzt noch die derzeitige niedersachsenweite Krankenquote von über 8 Prozent dazunimmt und sich das Durchschnittsalter der Beamtinnen/Beamten im Polizeivollzug von 43,77 Jahren ansieht, ist zu erkennen, warum die Polizei mittel- und langfristig dringend Verstärkung braucht.
Quelle: Christian Hoffmann, Pressesprecher und Gewerkschaftssekretär



Collage: RH, GdP

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