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Landesjournal Niedersachsen Februar 2015 - Nachwuchssituation in der Polizei und Tarifverhandlungen - was hat das miteinander zu tun?

Landesvorsitzender Dietmar Schilff zur Situation und Zukunft des polizeilichen Nachwuchses und zur Tarifrunde 2015



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Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender Niedersachsen
Dietmar Schilff, GdP Landesvorsitzender
Foto: HH
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

jetzt im Februar beginnen erneut die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder. Das Ergebnis 2013 war unter den vorhandenen Gegebenheiten durchaus zufriedenstellend. Dennoch ist es so, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegenüber den Beschäftigten der freien Wirtschaft um etwa 14 % in der Entwicklung hinterherhinken. Bei den Beamtinnen und Beamten ist die Diskrepanz noch größer, da sie -zumindest hier in Niedersachsen- seit 2005 kein Urlaubsgeld und ab A 9 auch kein Weihnachtsgeld mehr bekommen. Bei der Polizei ist es noch dramatischer, da der polizeiliche Nachwuchs seit 1998 überhaupt keine Heilfürsorge mehr hat und diejenigen, die vorher eingestellt wurden, 1,6% Eigenbeteiligung an der Heilfürsorge "berappen" müssen.
 
Die Politik tut besseren Wissens oftmals alles dafür, damit die Öffentlichkeit denkt, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, egal ob Tarif oder verbeamtet, wie die Maden im Speck leben. Es unterbleibt aber zu sagen, wie die tatsächliche Situation ist, über welche Gehalts- und Entgeltgruppen wir reden und was unter dem Strich dann tatsächlich im Alter übrigbleibt. Und, auch das ist festzustellen, wenn es darum geht den öffentlichen Dienst schlecht zureden, gibt es Allianzen von Arbeitgeberverbänden und politischen Parteien, die sonst nicht immer miteinander kooperieren. Wenn sozialdemokratische Ministerien in Interviews mit Studien von Arbeitgeberverbänden argumentieren, die noch mehr Einsparungen und noch mehr Personalabbau im öffentlichen Dienst fordern, muss man spätestens hellhörig werden.

Viele Länder haben noch den mittleren Dienst, so dass verbeamtete Kolleginnen und Kollegen mit A 8 oder A 9 m.D. –teilweise aber noch mit Weihnachtsgeld und auch wieder mit Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage- in Ruhestand gehen. Aber auch mit A 9 g.D./A 10 oder A 11 kann man keine großen Sprünge machen, zumal die Pensionsbezüge reduziert wurden und –wieder einmal alles in Niedersachsen- die Polizeizulage nicht mehr ruhegehaltsfähig ist und es kein Weihnachtsgeld mehr gibt.

In politischen Reden aber wird Unfrieden gestiftet, indem die Pensionen im Vergleich zu den Renten immer wieder als viel zu üppig dargestellt werden. Es wird aber unterlassen zu sagen, dass die Länder sofort Insolvenz anmelden müssten, wenn sie für Beamtinnen und Beamten Sozialabgaben bezahlen müssten, also das grundgesetzlich verbriefte Berufsbeamtentum, das Dienst-und Treueverhältnis abschaffen und die Alimentationsverpflichtung damit aufgeben würden. Hinzu kommt noch, dass alle Beamtinnen und Beamten –auch wieder hier in Niedersachsen- Lohnverzicht geleistet haben und in eine Pensionsfond eingezahlt haben. Dieses Geld wurde von der Politik zweckentfremdet und wird zur Haushaltskonsolidierung verwandt, in anderen Bereichen würde in solchen Fällen wegen Unterschlagung oder Veruntreuung ermittelt.

Der Öffentlichkeit werden diese Fakten seitens der Politik verschwiegen. Und es wird auch nicht gesagt, wie die Situation für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst und insbesondere bei der Polizei aussieht: kaum Perspektiven, kaum Weiterbildungsmöglichkeiten, kaum Höhergruppierungen und wahrlich keine üppigen Sonderzahlungen.

Die GdP sagt dies fortlaufend, auch in öffentlichen Diskussionen, bei denen dann aber hochrangige Politiker sofort zum Gegenschlag ausholen. Sie verlieren ihre Beißhemmung und diskreditieren diejenigen, die das öffentliche Leben und die Daseinsvorsorge durch ihre Arbeit maßgeblich mitgestalten und die von der Politik beschlossenen Gesetze umsetzen müssen, ihnen oftmals auch den Rücken freihalten. Und, um es einmal vorsichtig auszudrücken, auch nicht alle Medien sind auf der Seite des öffentlichen Dienstes oder lassen zumindest andere Darstellungen zu, die die Situation realistisch beschreiben.

Die Situation im öffentlichen Dienst muss sich dringend ändern und ich bin mir sicher, sie wird sich auch ändern. Die Nachwuchssituation des öffentlichen Dienstes und insbesondere in der Polizei ist jetzt schon prekär und wird in Zukunft dramatisch werden, wenn nicht umgehend gegengesteuert wird. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft soll bis zum Jahr 2020 eine Lücke von 1,3 Millionen Fachkräften bestehen. Die großen Firmen führen jetzt schon große Rekrutierungsaktionen durch. Die Polizei Niedersachsen verliert bis 2030 rund 10.000 Vollzugkräfte und ab dann nimmt nach demoskopischen Berechnungen die Bevölkerung richtig ab, bis zum Jahr 2050 soll sie sich um 15 Millionen reduziert haben. Die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, auf die Arbeitssituation und -struktur kann man genauso nur mutmaßen, wie auch die Lage in dann einwohnerschwachen Gebieten. Eines ist aber klar, sollte der öffentliche Dienst auch bei Lohnverhandlungen weiter abgehängt werden, sollte sich die Situation rund um das Berufs-, Arbeits- und Privatleben auch bei der Polizei nicht verbessern, wird es schwierig sein, qualifizierten Nachwuchs zu bekommen.

Deshalb ist diese Tarifrunde richtungsweisend und der Zusammenhang zwischen Tarifverhandlungen und Nachwuchswerbung wird klar: Es geht um Attraktivität und Wertschätzung. Daran muss sich auch die Strategie 2020 der Landespolizei orientieren.

Euer Dietmar Schilff, GdP-Landesvorsitzender

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