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Frühjahrskonferenz der deutschen Innenministern und -senatoren in Berlin - GdP fordert EU-Zentralstelle im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern

Kopelke: Bei allen aktuell drängenden Themen auch die Lage der Polizei im Blick behalten

Berlin.

Die täglich hohen Belastungen sowie die massive Gefährdung von Polizeibeamtinnen und –beamten in Deutschland müssten von den Innenressorts viel stärker in den Fokus gerückt werden, appellierte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke an die Innenminister und -senatoren vor deren am Mittwoch in Berlin beginnenden Frühjahreskonferenz. Die dort behandelten Themen hätten stets einen unmittelbaren Bezug zu polizeilichem Handeln, das wirke direkt auf jede und jeden seiner Kolleginnen und Kollegen, sagte der GdP-Chef der Funke Mediengruppe. Ein Beispiel dafür sei die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser erneut angestoßene Messerdebatte. Diese demonstriere guten Willen, jedoch vor allem Aktivismus. Ideen mit einem eingebauten Vollzugsdefizit taugten nicht als Lösung. Bereits im Januar 2018 habe die Gewerkschaft der Polizei (GdP), so Kopelke, aussagekräftige Lagebilder zur Messerkriminalität gefordert. Zudem habe die GdP verdeutlicht, dass viel zu wenig Personal für Kontrollen im öffentlichen Fern- und Nahverkehr sowie im öffentlichen Raum zur Verfügung stehe. Geschehen sei indes wenig.

Messerkriminalität: Das Verhindern solcher Delikte ist höchst komplex

„Stattdessen werden meine Kolleginnen und Kollegen immer wieder und augenscheinlich immer häufiger mit Messerangriffen konfrontiert– auch auf sie selbst. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Messerkriminalität hierzulande erfordert ein zwischen Ländern und dem Bund abgestimmtes, vor allem jedoch umfassendes Maßnahmenpaket. Dabei gilt es Prävention, Repression, die Gesetzeslage sowie Anti-Gewalt-Kampagnen zu optimieren. Wir müssen die Zeit vor und die Ursachen für Messerangriffe erheblich besser aufklären und verstehen. Das Ziel muss es sein, es erst gar nicht erst zum Messereinsatz kommen zu lassen. Das Verhindern solcher Delikte ist höchst komplex. Die Taten sind kaum vorhersehbar sowie weder auf besondere Orte noch bestimmte Zeiten oder Personengruppen einzugrenzen.“

Der GdP-Bundesvorsitzende plädierte zugleich für einen Schulterschluss von Polizei und Justiz. Täter sollten vor Gericht viel öfter die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Das sei aber nur möglich, wenn Staatsanwaltschaften und Richter Messerangriffe als schwerwiegende Straftat bewerten. „Staatsanwaltschaften und Gerichte sehen bei Messerangriffen oft nur die „gefährliche“ oder „schwere“ Körperverletzung“. Womöglich würde der Tatbestand der „Versuchten Tötung“ viel häufiger zur Debatte stehen, wenn die Staatsanwaltschaften sich auf eine einheitliche rechtliche Einordnung einigen würden.

Ernüchtert zeigte sich Kopelke über den „absoluten politischen Stillstand“ nach den Silvesterkrawallen in Berlin und anderen Städten. Die Forderung der GdP nach einem runden Tisch mit allen von den Krawallen betroffenen Behörden, Wissenschaftlern, Sozialarbeitern und politischen Entscheidern sei bisher ausgesessen worden. Von der IMK-Frühjahrskonferenz müsse „jetzt ein klares Signal ausgehen, wie mit der eskalierten Silvesterböllerei bundesweit umgegangen werden soll. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der teils stark abweichenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der „Letzten Generation“ sei es dringend erforderlich, die Ausrüstung der Polizeien sowie polizeigesetzliche Regelungen zu harmonisieren.

Sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern: Bei der EU angesiedelte Zentralstelle wäre effektiv

Zum IMK-Tagesordnungspunkt der Bekämpfung der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sagte Kopelke: „Der Kampf gegen dieses widerliche Delikt ist eine gemeinschaftliche Herausforderung der nationalen Polizeien und der Europäischen Union. Gefordert ist eine klug strukturierte, effiziente Zusammenarbeit zwischen nationalen Ermittlungsbehörden und der länderübergreifenden Polizeibehörde Europol. Geprüft werden muss die Idee einer mit der Bekämpfung des Delikts beauftragte Zentralstelle. Zudem erscheint es plausibel, dass auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Analysetools die polizeiliche, nationale wie internationale, Ermittlungsarbeit spürbar unterstützen.“

Die GdP, so Kopelke, wolle sich nicht damit abfinden, dass die sogenannte Vorratsdatenspeicherung im Streit zwischen den Regierungsparteien offenbar „politisch abgehakt“ sei. Das verbiete sich, allein aus der Perspektive eines verbesserten Opferschutzes. Er zeigte sich überzeugt, dass eine praxistaugliche Vorratsdatenspeicherung die Ermittlungsarbeit im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen beschleunige. Der Gewerkschafter forderte die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf, über eine neue Initiative zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen.

„Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist eine der aus meiner Sicht abscheulichsten Taten, die ein Mensch begehen kann. Es ist ein Akt des Verrats, bei dem das ursprüngliche Vertrauen von Kindern und Jugendlichen sowie deren persönliche Integrität zerstört wird“, betonte der GdP-Chef. Wer missbraucht worden sei, trage unweigerlich eine bleibende emotionale Narbe davon.

Kopelke: „Wir sehen bei der Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder noch großen Verbesserungsbedarf bei der Zusammenarbeit zwischen Anbietern von Online-Diensten, zivilgesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Stellen. Ein gemeinsame bei der EU angesiedelte Zentralstelle wäre effektiv als Mittler einer spürbar reibungsloseren Kommunikation zwischen Dienstleistern und den europäischen Ländern. Das Zentrum würde zudem zu einer erheblichen Minderung von Datenleck-Risikos in der Kommunikation zwischen den EU-Ländern und den Dienstleistern beitragen. Angesichts der Vertraulichkeit auszutauschender Informationen ist das von besonderer Bedeutung. Im Übrigen ist es an der Zeit, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit generell zu intensivieren und nachhaltig zu festigen. Bei vielen Delikten spielen nationale Grenzen keine Rolle. Das darf bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit nicht anders sein.“
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