Eine Umfrage unter den Beschäftigten des Polizeipräsidiums Südosthessen
Ist das noch unsere Polizei?
-Gemeinsame Pressemitteilung der Gewerkschaften-

Aufgrund vieler persönlicher und auch im Rahmen gewerkschaftlicher Arbeit geführter Gespräche mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, festigte sich die Erkenntnis, dass zurzeit in unserem Polizeipräsidium Südosthessen einige Missstände vorliegen.
Zur Darstellung der Problematiken haben sich daher alle drei Gewerkschaften, die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), der Bund Deutscher Kriminalbeamten (BDK) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) des Polizeipräsidiums Südosthessen, gemeinsam entschlossen, eine Umfrage unter dem Aspekt der „Berufszufriedenheit“ durchzuführen.
Das Ziel der Umfrage bestand in der Erhebung eines repräsentativen Meinungsbildes von möglichst vielen Kolleginnen und Kollegen. In einem Zeitraum von zwei Wochen erreichten uns die Rückmeldungen von über 350 Kolleginnen und Kollegen aus sämtlichen Bereichen unseres Polizeipräsidiums, welche an der Umfrage teilgenommen hatten. Dabei beteiligten sich sowohl Tarifbeschäftigte als auch Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei. Die eingereichten Antworten werden zum Schutz der Kolleginnen und Kollegen anonym behandelt.
Die Umfrage umfasst insgesamt zehn Fragen. Sieben der Fragen erfassten die Meinung der Befragten mittels einer Skala von „1 – Ich stimme nicht zu“ bis „5 – Ich stimme zu“. Die übrigen drei Fragen wurden bewusst offen gestellt, sodass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit erhielten, auch Themen anzusprechen, welche ggf. noch nicht durch die geschlossenen Fragen erfasst wurden.
Vor diesem Hintergrund umfasst die Pressemitteilung zunächst die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage und stellt diese zusammenfassend dar. Weitere Einzelheiten und Details können aus dem beigefügten Anhang entnommen werden.
1. Über 66% der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden das Bundesland Hessen nicht als Arbeitgeber empfehlen.
2. Über 58% der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befürchten Nachteile für die eigene Karriere oder haben Angst, Kritik offen und ehrlich zu äußern.
3. Über die Hälfte der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich schon mit dem Gedanken zu kündigen auseinandergesetzt.
4. Über 77% der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich nicht ausreichend entlohnt (siehe verfassungswidrige Besoldung) und dementsprechend nicht ausreichend wertgeschätzt.
5. Über 85% der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben an, dass für ihren Arbeitsbereich nicht ausreichend Personal zur Verfügung steht.
Fazit und Rückschlüsse:
Obwohl noch knapp über 50 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage angeben, mit ihrer Tätigkeit an sich zumindest teilweises zufrieden zu sein, offenbarten sich dennoch diverse, zum Teil äußerst alarmierende Erkenntnisse. Neben fehlendem Vertrauen in die Politik und die polizeiliche Führung, zeigte sich ein essentieller Bedarf hinsichtlich einer Personalaufstockung sowie zum Teil auch bei der Zurverfügungstellung adäquater Arbeitsausrüstung. Gleichzeitig offenbarte sich eine weitverbreitete Angst bezüglich potentieller Konsequenzen bei Kritikäußerungen. Darüber hinaus wurde seitens der Befragten sehr oft die verfassungswidrige Besoldung in Hessen, die im Vergleich zu anderen Polizeien fehlende Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage und schlechte Bedingungen im Tarifbereich genannt.Dass daher die Mehrheit die Polizei Hessen als Arbeitgeber nicht oder teilweise nicht weiterempfehlen kann, ist für uns somit sehr nachvollziehbar und plausibel. Oftmals wurde auch mangelnde Rückendeckung durch den Dienstherrn oder Vorgesetzte genannt und eine Vorverurteilung von Polizeibeamten in der Öffentlichkeit angeprangert.
Dass fast die Hälfte der Befragten bereits mindestens teilweise über eine Kündigung nachgedacht hat, ist beunruhigend und sollte ein deutliches Signal für die Öffentlichkeit und insbesondere die Politik sein. Dies bestätigt sich zusätzlich in dem Trend, dass gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen vermehrt (im Vergleich zu früheren Zeiten) wegen Unzufriedenheit oder fehlender Wertschätzung bei hoher Belastung kündigen.
Von der Führung innerhalb der Polizei und seitens der Politik kommt zu wenig. Außer Projekte, die den „schönen Schein“ wahren sollen.
Aus dem offenen Umfrageteil werden abschließend beispielhaft Zitate wiedergegeben, welche uns während der Auswertung besonders schockiert oder berührt haben.
Für Ihre weitere Arbeit haben wir uns erlaubt folgende Dateien in den Anhang zu dieser Pressemeldung beizufügen:
1) Umfrage als Muster
2) Auswertung der Umfrage in tabellarischer Form (totale Zahlen und Prozentangaben)
3) Eine grafische Darstellung des Ergebnisses
Wir gestatten Ihnen hiermit die vorliegenden Informationen zu verwenden sowie zu veröffentlichen.
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne unter
zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Hüschenbett (GdP) & Sabine Spangenberg (GdP)
Niklas Schwarbach (DPolG) & Jürgen Maier (DPolG)
Peter Lubetzki (BdK)