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Urlaubsanspruch und Altersdiskriminierung - mehr Urlaub für alle?

Rechtsprechung sachlich bewerten! - Polemische Forderungen führen nur zur Verunsicherung

Wiesbaden.

Nach der Entscheidung des BAG (9 AZR 529/10) vom 20. März 2012 gab es von vielen Seiten unterschiedliche rechtliche Einschätzungen zu den Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf den Angestellten- und Beamtenbereich. Bislang gibt es lediglich einen Tenor des Urteils in Form einer Pressemitteilung des BAG. Die schriftliche Urteilsbegründung, die auch eine Bewertung der juristischen Folgen in der Übertragung auf die Kolleginnen und Kollegen in Hessen (TV-H und Beamte) gestattet, liegt noch nicht vor. Sobald diese Urteilsbegründung vorliegt, wird die GdP Hessen gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften eine dataillierte Bewertung vornehmen. Danach werden wir Empfehlungen an unsere Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung stellen, die auf einer realistischen Grundlage beruhen. Panische Aufrufe zu Antragstellungen, gerade im Beamtenbereich, sind mehr als entbehrlich und überziehen unsere Polizeiverwaltungen mit vielen unnötigen weiteren Arbeitsbelastungen. Die GdP Hessen hat heute mit dem Fachreferat im Hessischen Innenministerium einen Sachaustausch geführt, der im Ergebnis zu etwas Geduld statt Panikmache aufruft.

Was bedeutet eigentlich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts?


Allgemeine HinweiseDie Angestellten in den Bundesländern unterliegen den Regelungen des Tarifvertrages öffentlicher Dienst (TVöD).
Hessen und Berlin sind aus dieser Tarifgemeinschaft ausgetreten. Bei uns gilt der seit 01.01.2010 eigenständig in Kraft getretene Tarifvertrag Hessen (TV-H) mit den Übergangsregelungen des TVÜ-H.
Die Regelungen über die Urlaubsansprüche sind jedoch in beiden Tarifverträgen und in der Hess. Urlaubsverordnung identisch. Dies bedeutet:


Urlaubsanspruch bis zum 30. Lebensjahr26 Tage (Beamte und Angestellte)

Urlaubsanspruch bis zum 40. Lebensjahr29 Tage (Beamte und Angestellte)

Urlaubsanspruch nach dem 40. Lebensjahr30 Tage (Beamte und Angestellte)

Urlaubsanspruch nach dem 50. Lebensjahr33 Tage (nur Beamte und Angestellte, die bereits am 01.07.1994 beschäftigt waren - §15 TVÜ-H)

Wer hat Anspruch auf mehr Urlaub nach der Entscheidung des BAG?Alle Beschäftigten im Bereich des TVöD (Beschäftigung bei den Kommunen), wenn sie noch keine 40 Jahre alt sind. Hier besteht der Anspruch auf volle 30 Tage.

Verjähren die Anspruchsfristen im Bereich des TVöD?Hier gilt eine Frist zur Übertragung des Urlaubs bis zum 31.03. des Folgejahres. Eine weitere Übertragung ist bis zum 31.05. möglich. Daher läuft eine Anspruchsfrist der Betroffenen bis zum 31.03.2012. Wir haben alle unsere TVöD-Mitglieder persönlich angeschrieben, und sie mit einem Musterantrag versorgt.

Was muss ich als TV-H-Beschäftigter in Hessen beachten?Nach § 26 Abs. 1 Satz 9 TV-H verfällt der Urlaub, wenn er nicht innerhalb der ersten 9 Monate des Folgejahres angetreten wird. Der Urlaubsanspruch verfällt damit erst nach dem 30.09.2012. Es besteht also kein Grund zur Panik und Stellung von Anträgen, bevor nicht die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.

Hat das Urteil auch Auswirkungen auf die Beamtinnen und Beamten in Hessen?Nach unserer Einschätzung dürfte sich die Entscheidung des BAG auch auf diesen Bereich auswirken, also auf die Regelungen des § 5 Hessische Urlaubsverordnung (HUrlVO). Die Staffelung ist identisch dem TV-H, mit der Ausnahme der oben beschriebenen 33 Tage ab dem 50. Lebensjahr. Auch hier greift ein Verfall erst nach 9 Monaten des Folgejahres (§9 Abs. 2 HUrlVO).
Auch hier gibt es keinerlei Grund zur Panik, verbunden mit der Stellung von unnützen Anträgen, die die Verwaltungen weiter überlasten. Nach der schriftlichen Urteilsbegründung besteht genügend Zeit bis zum möglichen Anspruchsverfall nach dem 30.09.2012.
Ausschlussfristen analog der Tarifbeschäftigten von 6 Monaten (§ 37 TV-H) gibt es nicht.
Natürlich überlassen wir es jedem Einzelnen, sich für die Stellung eines solchen Antrages zu entscheiden oder nicht.

Anfragen zur gestaffelten Wochenarbeitszeit nach der Entscheidung des BAG für die Beamtinnen und Beamten (Weg von der 42-Stunden-Woche)Es erreichen uns auch bereits Anfragen, ob vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung auch die nach Lebensalter gestaffelte Wochenarbeitszeit der Beamten in Hessen (40/41/42 Stunden - §1 Abs 1 Satz 1 HAZVO) eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt.
In der Sache dürfte dies wohl so sein. Wir haben uns in der Vergangenheit auch den Kommentierungen der herrschenden Meinung angeschlossen, dass dies unzulässig ist (v. Roetteken in HBR IV, Ordner 5, Nr. 1011).
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns auch entschieden, hiergegen nicht rechtlich vorzugehen; warum?
Die Unwirksamkeit dieser Regelung ist das eine, das andere ist, welche Regelung dann käme. Es ist dieser Landesregierung eher zuzumuten, dass sie eine einheitliche Regelung entsprechend dem gesprochenen Recht des BAG trifft. Diese könnte dann aber (ohne Differenzierung nach dem Alter) einheitlich 42 Stunden für alle bedeuten.
Damit wäre unser gewerkschaftliches Ziel, im Rahmen der Dienstrechtsmodernisierung, die Arbeitszeit der Beamten der des Tarifbereichs Hessen anzupassen, nicht gedient.
Wir setzen hier weiter auf die politische Auseinandersetzung und nicht auf polemische Forderungen kurz vor den Personalratswahlen in Hessen.

EURE GdP --- KRITISCH - KOMPETENT - UNABHÄNGIG

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