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GdP fordert neue Strafrechtsnorm § 115 STGB

Tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten

Die frisch veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik hat es wieder bestätigt. Die sog. Rohheitsdelikte sind weiter angestiegen.
Auch unsere Erfahrungen aus den letzten Jahren haben sich bestätigt- die Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte steigt weiter an. Gleichzeitig sinkt der Respekt vor den Ordnungshütern und die Hemmschwelle, diese tätlich anzugreifen sinkt stetig.
Erst kürzlich zeigte sich dies im PP Westhessen, als ein Hundeführer in der Ausübung seines Dienstes rücksichtslos von hinten angesprungen und erheblich verletzt wurde. Unglaublich wird diese Tat durch die Tatsache, dass der Täter dies angekündigt hat und ein weiterer Beteiligter dies mit dem Handy auf seinen Wunsch hin filmte.
Diese bedrohlichen Veränderungen im Berufsalltag vor allem der großstädtischen Polizeibeamten müssen erkannt, auf sie muss angemessen, aber wirkungsvoll reagiert werden. Deshalb hat der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in seiner Sitzung am 12. November 2009 beschlossen, die Schaffung einer neuen Strafrechtsnorm „§ 115 StGB – tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten“ zu fordern.


GdP-Vorsitzender Konrad Freiberg: „Jeden Tag werden in Deutschland Polizeibeamte tätlich angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Immer häufiger werden solche Übergriffe völlig unvermittelt verübt.“ Das Strafgesetzbuch, so die Gewerkschaft der Polizei, sei dringend ergänzungsbedürftig. Freiberg: „Wir fordern die Einführung eines Paragraphen 115 StGB, der einen solchen Angriff aus dem Nichts auch dann bestraft, wenn der Beamte oder die Beamtin nicht verletzt wird. Damit bekommen wir insbesondere hinterhältige Attacken besser in den Griff.“

Die bisherige Regelung setzte voraus, dass sich der Beamte bei dem Angriff in jedem Fall in einer „Vollstreckungssituation“ befindet, zum Beispiel bei einer Festnahme oder einer Räumung. Unvermittelte Attacken auf nichtsahnende Streifenbeamte im täglichen Dienst wurden von der Strafbarkeit bisher nicht erfasst. Der tätliche Angriff auf Polizeivollzugsbeamte soll künftig deutlich härter bestraft werden, als die bisherige Widerstandshandlung.


Vor vielen Jahren schützte die Uniform den Polizeibeamten, denn sie verlieh Autorität und stellte so klar, wer das Sagen hat, auf der Straße, in jedem Einsatz. Heute wird sie innerhalb der Polizei noch immer gerne getragen, aber sie ist zunehmend auch zu einem Gefahrenpunkt für die Gesundheit des Uniformträgers geworden. Es gibt zu viele Mitbürger, die den Menschen in Uniform provozieren und ständig herausfinden wollen, wer der Stärkere ist. Der Endpunkt vieler Provokationen ist die Attacke auf den Uniformträger. Kolleginnen und Kollegen, insbesondere in den Ballungsräumen, wissen ganz genau, dass der tägliche Einsatz, vor allem an den Wochenende, nahezu ständig davon geprägt ist, die eigene Haut zu Markte zu tragen. Der Uniform, und allem was dahinter steht - von Gewaltmonopol bist Schutz des Schwächeren - muss zu jeder Zeit Geltung verschafft werden.

Der heute existierende § 113 StGB - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - in derzeitiger Fassung knüpft die Strafbarkeit von Widerstandshandlungen an eine Vollstreckungssituation an, d.h. ohne Vollstreckung oder unmittelbar bevorstehende Vollstreckungshandlung keine Strafbarkeit. Unvermittelte Angriffe aus dem Nichts werden daher strafrechtlich von § 113 StGB nicht erfasst. Sie sind allenfalls als einfache oder gefährliche Körperverletzung strafbar. Der rechtspolitische Ansatz der GdP geht hingegen weiter.

Mit einem § 115 StGB wird die feindliche Motivation des Straftäters, der gegen einen Vollstreckungsbeamten vorgeht, strafrechtlich miterfasst, weil allein der tätliche Angriff auch ohne Vollstreckungshandlung strafbar wird. Unter tätlichem Angriff ist nämlich eine unmittelbar auf den Körper zielende gewaltsame Einwirkung zu verstehen, die nicht zur Körperverletzung führen muss. Zur Tatbestandsverwirklichung reicht deshalb auch der gezielte Wurf mit einem Gegenstand aus, der z.B. nicht zu einem Treffer führt. Auch der zielverfehlende Wurf fällt daher als tätlicher Angriff unter die Strafbarkeit des §115 StGB, wenngleich er mangels Verletzung keine Körperverletzung darstellt. § 115 StGB schützt also die körperliche Unversehrtheit der Kolleginnen und Kollegen besser als die klassischen Körperverletzungsdelikte, da die strafbare Handlung vorverlegt wird und nicht vom Ergebnis abhängt.
Der GdP-Vorschlag zu § 115 StGB passt ins strafrechtliche System, denn das StGB kennt den gesetzlichen Schutz besonderer Berufsgruppen oder Rechtssubjekte, z. B. § 316a StGB – räuberischer Angriff auf einen Kraftfahrer. Es ist auch nicht hinnehmbar, einerseits die Tatsache der Amtsträgerschaft als Polizeibeamter im Rahmen der Amtsdelikte (Körperverletzung im Amt) als besonderen Strafschärfungsgrund gesetzlich zu erfassen, aber andererseits den besonderen strafrechtlichen Schutz für Vollstreckungsbeamte, der ja auch an die Amtsträgerschaft anknüpft, zu verweigern. Solange das Uniformtragen zu einem erhöhten Risiko führt, Opfer einer Straftat zu werden, solange ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern vielmehr geboten, den Vollstreckungsbeamten besonders zu schützen.
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