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Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

das Jahr 2010 ist das Jahr eines besonders dreisten Wortbruchs der amtierenden Bundesregierung gegenüber ihren Beschäftigten. Die Fortführung der seit 2006 laufenden Kürzung der 2,44 % Sonderzuwendung trotz gegenläufiger Zusage ist eine massiver Vertrauensbruch der Bundesregierung, der mit den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und den Polizeibeschäftigten des Bundes vor allem die trifft, die in besonderer Weise vertrauensbildend für die Demokratie und den Rechtsstaat einstehen. Zum ersten März 2010 hat der Bundesminister des Innern dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages einen Bericht zum Stand der Umsetzung der Neuorganisation der Bundespolizei vorgelegt. Dieser, nicht nur von den Beschäftigten der Bundespolizei massiv kritisierte Bericht stellte die Notwendigkeit und Richtigkeit der Neuorganisation ohne jegliche Abstriche dar. Am neunten Dezember 2010 hat der gleiche Bundesinnenminister jetzt seinen Beschäftigten über einen TV - Sender die Ergebnisse der Werthebach - Kommission vorgelegt und die dort gemachten Ferststellungen als “überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert” bezeichnet. Die Ergebnisse der Werthebach - Kommission stellen aber in zentralen Feldern die neuausgerichtete Organisation der Bundespolizei in Frage. Gleichzeitig sind die Festlegungen der Kommission ein, im wesentlichen eben nicht rechtlich und schon gar nicht polizeifachlich begründeter Versuch, die Bundespolizei in ihren eigenen Aufgabenbereichen zu stutzen.

Kein wirklich ernstzunehmender Polizeifachmann in Deutschland hat bisher auch nur einen guten Grund gefunden, der für die Umsetzung der Überlegungen der “alten Männer” spricht. Und obwohl das so ist und die Bundespolizei zudem mit diesem Bericht auch verbal unakzeptabel und vollkommen ungerechtfertigt angegriffen wird, hören wir aus den hohen Bundespolizeihäusern schon wieder den Ruf nach Loyalität. Loyalität gegenüber dem Minster, auch wenn es ganz besonders schmerzt. Das ist das Signal. Loyal, treu zu sein, ist fraglos eine wichtige Tugend. Loyalität, wie sie die Bundespolizei gegenüber politischen Prozessen zeigt, ist dagegen nach meiner Auffassung zunehmend problematisch und beinhaltet die konkrete Gefahr, die wichtigen, eigenen Interessen aufzugeben. Loyalität ist damit erkennbar zum Verliererprinzip geworden. “Der Ehrliche ist der Dumme”, hat Ulrich Wickert 1994 sein Buch über den Umgang mit Werten in unserer Gesellschaft betitelt. Diese Überschrift trifft zunehmend meine Wahrnehmung. Und es wäre auch geradezu naiv anzunehmen, gerade Loyalität wäre ein Wert, den die Politik als Mehrwert verinnerlicht hat. Wer das Verhalten von einer Reihe von Politikern bei der Bundespräsidentenwahl beobachtet hat oder wer sich aktuell den Umgang in der Regierungspartei F.D.P anschaut, der weiß, dass Politik und Loyalität sich häufig geradezu ausschließen. Wer unglaubwürdig handelt und wer uns Schaden zufügt, darf nicht mit unserer Loyalität rechnen.

Wir, die Gewerkschaft der Polizei wollen uns im Jahr 2011 neben unserer täglichen Arbeit besonders mit zwei zentralen Problemen auseinandersetzen. Die zunehmende Überlastung unserer Kolleginnen und Kollegen sowohl in der Bundespolizei als auch in der Bundesfinanzpolizei und im Bundesamt für Güterverkehr aus der täglichen Arbeit heraus und die Tatsache, dass große Gruppen unserer Kolleginnen und Kollegen strukturell aus der beruflichen Entwicklung ausgegrenzt werden, können so nicht weiter stehen bleiben. Der Bundesinnenminister redet häufig von Pflicht. Er kennt die Probleme. Seine Pflicht zur Beseitigung der Probleme hat er noch nicht wahrgenommen. Wir sind mit 20.000 Mitgliedern die mit großem Abstand größte Gewerkschaft im Verantwortungsbereich von de Maizière. Und wir werden unsere Pflicht zur konsequenten Vertretung unserer Kolleginnen und Kollegen wahrnehmen. Nach innen und nach außen. Aber im zurückliegendem Jahr gab es auch viele positive, menschliche Erlebnisse und Wahrnehmungen. Nicht nur bei der überlangen Castornacht vor Gorleben habe ich unsere Kolleginnen und Kollegen beeindruckend kollegial zusammenhaltend angetroffen. Richtigerweise hat unser Bundespolizeipräsident Matthias Seeger allen Kolleginnen und Kollegen in der Bundespolizei einen Tag Sonderurlaub gewährt. Dafür hat er Respekt und Anerkennung verdient. Diese Geste kann ein Stück neue Klammer für unsere Organisation sein, die uns wieder besser zusammenhält. Dieses Zusammenstehen werden wir in nächster Zeit ganz sicher brauchen und es ist auch für jeden einzelnen gut, Teil eines größeren, Ganzen zu sein. In diesem Sinne danke ich allen Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei, des Zolls und des Bundesamtes für Güterverkehr für ihre wertvolle Arbeit im Jahr 2010.

Ich wünsche Euch allen ein ruhiges und besinnliches Weihnachtsfest. Unsere Gedanken sind dabei besonders bei den Kolleginnen und Kollegen, die an diesen Tagen im Ausland und im Inland für die Sicherheit der Menschen einstehen.

Viel Glück und alles Gute im Jahr 2011. Auf uns, Euere Gewerkschaft der Polizei werdet Ihr Euch auch 2011 verlassen können. Mit herzlichen Grüßen Euer Josef Scheuring

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